Die Geschichte von
Bruno, 73, Pensionär
Die Geschichte von
Bruno, 73, Pensionär
«Ich bin gesund, ich sollte doch froh sein. Und doch war da diese Angst vor dem Ungewissen. War ich nur ein bisschen vergesslicher als früher oder war das der Anfang einer Demenz? Was bedeutete diese Müdigkeit? Und der Tod war natürlich auch ein Thema. Da sass ich mit meinen 73 Jahren Lebenserfahrung und kam ernsthaft ins Wanken. Phasen von Erschöpfung oder Freudlosigkeit hatte ich früher immer mal. Die waren nach kurzer Zeit vorbei. Aber plötzlich blieben sie. Noch nie im Leben war ich so erschöpft und innerlich unruhig. Ich hatte an nichts Freude und traute mich kaum noch aus dem Haus. In der Unruhe stieg der Blutdruck und mein Puls raste. Der Kardiologe war sicher, dass mein Herz gesund war. Irgendwann hat meine Frau gesagt, ich müsse mir Hilfe von aussen holen. Da hat mein Hausarzt gemeint, in der Hohenegg könnten sie mir helfen.»
Psychotherapie mit älteren Menschen stellt eine besondere Herausforderung an die Patienten und die Therapeuten dar. Ältere Menschen können, genau wie jüngere Menschen auch, in Lebenskrisen geraten, überfordert sein durch Herausforderungen, die das Leben an sie stellt, oder belastet sein durch körperliche Erkrankungen oder Konflikte in nahen Beziehungen. Dadurch kann ein älterer Mensch in Depressionen, Ängste oder in eine Abhängigkeit von Schlafmitteln oder Alkohol geraten. Gleichzeitig ist in unserer Gesellschaft die Vorstellung weit verbreitet, dass man im Alter weise werde und über solchen Problemen stehe. Solche Vorurteile erschweren es, in Krisen Hilfe anzunehmen.
Durch Ängste und Depressionen können bei älteren Menschen auch Symptome wie Vergesslichkeit und Konzentrationsschwächen auftreten. Dies ist nicht immer ein Signal für eine beginnende Demenz, zeigt aber, dass der betroffene Mensch eine gute diagnostische Abklärung und Unterstützung bei der Bewältigung seines Leidens braucht.
Das Gehirn bleibt im Alter lernfähig
Ältere Menschen in Lebenskrisen können sehr von psychotherapeutischer Arbeit profitieren, weil das Gehirn bis ins hohe Alter lernfähig bleibt und sich weiterentwickeln kann. Ausgangspunkt der Behandlung ist das aktuelle Leiden, die momentane Krise, in der sich Patientinnen und Patienten befinden.
Freude am Leben erhalten
Ziel der therapeutischen Arbeit ist es, durch die Aktivierung von Ressourcen das Wohlbefinden zu fördern und die Selbstakzeptanz zu erhöhen. Trotz körperlicher Einschränkungen, die mit den Jahren zunehmen können, sind ältere Menschen durchaus in der Lage, sich bis ins hohe Alter subjektiv wohlzufühlen und Freude am Leben zu haben.
In der Privatklinik Hohenegg setzen wir Medikamente bei älteren Menschen mit besonderer Rücksicht auf ihre Bedürfnisse ein. Und wir fördern den Einbezug von nahen Angehörigen in den Therapieprozess. Die schrittweise körperliche Aktivierung wird in den Therapieplan eingeplant. Ruhezeiten sind vor allem am Anfang der Behandlung von grosser Bedeutung.
«Erst habe ich gedacht: Das sind doch alles junge Leute. Was weiss ein Arzt in den Vierzigern schon von den Sorgen, die man hat, wenn einen das Altwerden einholt. Das meinte ich gar nicht böse. Ich konnte mich früher ja auch nicht in meinen Grossvater hineindenken. Keine Frage, die Therapeuten waren sehr einfühlsam. Sie haben mir gezeigt, wie ich mir meiner inneren Anteile bewusst werde. Ich habe gelernt, meine aktiven Seiten und die Bedürfnisse meines alternden Körpers in Einklang zu bringen. Für mich war das elementar.»
«Früher war ich immer unterwegs. Als Jurist habe ich nach der Frühpensionierung nochmals studiert und bin in verschiedenen Entwicklungsprojekten weltweit tätig gewesen. Auch wenn das Arbeit für eine gute Sache war – stressig war es trotzdem. In der Hohenegg habe ich begriffen, dass es ausser Leistung noch andere Werte gibt. Mein Verlangen nach Ruhe war immer ein Problem für mich. Meine Frau ist 15 Jahre jünger. Sie möchte mehr erleben, habe ich immer geglaubt und mir Druck deswegen gemacht. Kurz vor dem Ende meiner Hohenegg-Zeit haben wir zusammen mit der Therapeutin über diese Diskrepanz gesprochen. Und festgestellt, dass die gar nicht so gross ist.»
Jeder Mensch ist einzigartig, jede Lebenskrise ist einzigartig. In diesem Verständnis begegnen die Mitarbeitenden der Privatklinik unseren Patienten – auf Augenhöhe und von Mensch zu Mensch. In unserem Hohenegg-Kontextmodell verstehen wir Therapie als aktiven Austausch zwischen dem Patienten als Experten für sein Leben und uns als Experten für psychische Gesundung. Dabei orientieren wir uns konsequent an den Therapiezielen, die wir mit jedem Patienten individuell festlegen. Ziel des Hohenegg-Kontextmodells ist die nachhaltige Förderung psychischer Gesundheit.
Diese verstehen wir als einen Zustand gelingender flexibler Adaptation an die psychischen und sozialen Ansprüche des Lebens. Aufbauend auf neusten Erkenntnissen der Psychotherapieforschung basiert das Modell auf drei Säulen:
Beziehung: die Qualität und Stabilität der therapeutischen Beziehungen
Expertise: die fachliche Kompetenz der Therapeutinnen und Therapeuten
Plausibilität: die Transparenz und Verständlichkeit des Therapieprozesses
«Unsere Bedürfnisse stimmen überein – mehr als wir glaubten , sagt meine Frau. Ich brauche mehr Zeit und Ruhe für mich. Sie wiederum freut sich auf die ruhigen Zeiten, weil sie sich schon immer mehr Raum für ihre kreativen Hobbys gewünscht hat. Ich bin erleichtert, nicht mehr unter dem Druck zu stehen, meiner Frau genügen zu müssen. Jetzt kann ich mich genussvoll dem Garten widmen oder mit alten Freunden einen Spaziergang machen. Ich habe grosse Freude daran, mein Leben in dieses neue, für mich so wertvolle Gleichgewicht zu bringen und die Beschaulichkeit zu geniessen. Reisen und Aktivitäten haben natürlich weiterhin ihren Platz in unserem Leben, wenn auch in einer etwas angepassteren Form. Kann ich mein Alter annehmen? Meine Leistungserwartungen reduzieren? Das sind nur zwei der spannenden Fragen, die uns in der kommenden Zeit begleiten werden. Das Älterwerden bleibt eine Herausforderung für mich. Die Hülle ist 73, aber der Kopf denkt, er sei noch 37.»
Mein Dank geht an
alle Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter.
Aus Gründen der Diskretion haben wir Bruno erfunden. Es gibt ihn nicht. Aber seine Gefühle, Gedanken, Sorgen und Nöte gibt es vieltausendfach. Die Geschichte von Bruno ist eine Essenz aus zahllosen Gesprächen, die unsere Ärzte geführt haben.
«Gelingt es in der Behandlung, die Fragilität des Lebens und die Potenziale des älteren Menschen in eine Balance zu bringen, kann sein Leben ausgewogen und zufrieden weitergehen.
Auf der Hohenegg geht es uns darum, in geschützter Umgebung eine vertrauensvolle Beziehung zueinander aufzubauen und gemeinsam die psychosozialen Auslöser einer Krise zu verstehen. Übungen der Achtsamkeit helfen dabei, die Situation zu akzeptieren und Begabungen freizulegen, die in der Krise verschüttet waren.
Ziel ist, das Wohlbefinden durch die Aktivierung von Ressourcen zu fördern und die Selbstakzeptanz zu erhöhen.»
Dr. med. Verena Schmid
Leiterin Schwerpunkt Alterspsychotherapie
Privatklinik Hohenegg AG
Hohenegg 1
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